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Uranmunition: Wird das "Stille Sterben" bald zum atomaren Holocaust?

Von Frieder Wagner, Filmemacher und Autor in Köln, Mitte Juni 2007

Experten gehen davon aus, dass, seitdem George Bush am 1. Mai 2003 den Sieg über den Irak verkündet hat, es im Irak Hunderttausende Tote durch Gewalt gegeben hat und es werden täglich mehr.

Was solche Berichte verschweigen und was man nie in den Nachrichten der Print- und TV-Medien liest und sieht, sind die Toten, die ich “die Toten des stillen Sterbens” nenne. Denn was viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass die USA und ihre Alliierten den Irak 2003 wieder mit sogenannten Urangeschossen angegriffen haben. An den Folgen dieses Einsatzes von Uranmunition sterben seitdem täglich Menschen und es sind inzwischen weltweit Hunderttausende. Das heißt, die Alliierten haben im Irak mit diesen Urangeschossen eine Waffe eingesetzt, die sich mehr und mehr als eine Massenvernichtungswaffe herausstellt.

Wenn Urangeschosse ihr Ziel treffen, verbrennt das in den Geschossen verwendete abgereicherte Uran - ein Abfallprodukt der Atomindustrie- zu winzigsten Uranoxid-Partikelchen. Und die verseuchen im Irak und überall dort, wo diese Geschosse eingesetzt wurden (Bosnien, Kosovo, Afghanistan, Irak und jetzt auch Libanon) den Boden, die Luft und das Wasser. Eingeatmet kann dieses Uranoxid, das ist wissenschaftlich unstrittig, Krebs und Leukämien auslösen. Das Immunsystem bricht -wie bei Aids - zusammen. Nieren und Leber werden geschädigt. Mit dem Blut wandern diese Uranoxid-Partikelchen, die 100 Mal kleiner sind als ein rotes Blutkörperchen, auch ins Gehirn, zu den Eizellen und dem männlichen Samen. So kommt es bei den Betroffenen zu Chromosomen-Brüchen. Das heißt die Kinder dieser Menschen sind oft missgebildet und deren Kinder und Kindeskinder dann auch. Generationen werden also über viele Jahrzehnte und Jahrhunderte geschädigt sein, wie bei einer Epidemie.

Ich habe in den Kinderkrankenhäusern von Bagdad und Basra Bilder des Schreckens gesehen, die mich heute noch in meinen Träumen verfolgen: gerade geborene Babys, ohne Augen, ohne Nase, ohne Kopf, ohne Arme und Beine. Babys, denen Ihre Organe in einem Sack außerhalb des Körper angewachsen waren. Alle diese Babys starben nach wenigen Stunden oder Tagen.

zerstörter Panzer im Irak

Bei Abu Khassib, einem Schlachtfeld in der Nähe von Basra, haben wir Panzerwracks aus dem letzten Golfkrieg gefunden. An den Einschusslöchern, die die Urangeschosse hinterlassen haben, wurde von uns eine Radiaktivität gemessen, die über das 30.000-fache höher war, als die normale Umweltstrahlung in der Bundesrepublik. Auf diesen Panzern spielten Kinder und in diesen Panzern versuchten irakische Männer und Väter so genanntes Edel- oder Buntmetall auszubauen, um es zu verkaufen und so etwas Geld zu verdienen. Wir haben diese Menschen eindringlich gewarnt und ein 60-jähriger Mann hat uns geantwortet: “Ich bin Dichter und Schriftsteller, ich bin Doktor der Philosophie, ich habe schon alles verkauft, um meine Familie zu ernähren, jetzt muß ich hier in den Panzern diese Arbeit machen, damit meine Kinder nicht verhungern. Wir Iraker haben nie gute und sichere Zeiten erlebt, wir haben immer nur gelitten. Unser Land ist so reich an Öl, aber dieser Reichtum ist für uns zu einem Fluch geworden.”
Und tatsächlich: allein am Mutter-Kind-Krankenhaus in Basra sind die Missgeburten seit 1991 um das 20-fache gestiegen.

Bei unseren Dreharbeiten im Kosovo und in Belgrad sagte mir Dr. Radomir Kovacevic vom “Institut für Arbeitsmedizin und Strahlenschutz” in Belgrad, dass ihre neuesten Untersuchungen ergeben haben, dass die Emission gefährlicher Chemikalien im Großraum Belgrad fast völlig zurückgegangen ist, weil die serbische Industrie in den letzten 10 Jahren durch den Krieg und durch Sanktionen völlig zusammengebrochen ist. Sie beobachten nun aber nach dem Einsatz der Uranmunition durch die Nato im Kosovokrieg 1999 und Bosnien 1995, einen Anstieg der radioaktiven Belastung durch das Uran 238 der eingesetzten Uranwaffen. So sind in den letzten fünf Jahren die bösartigen Krebserkrankungen bei den Problemgruppen Kinder und alte Menschen um 9 Prozent drastisch angestiegen. Und die Prognosen der serbischen Wissenschaftler zeigen klar, dass sich diese Zahl in den kommenden 10 Jahren auf mindestens 20 Prozent erhöhen wird.

Frau Dr. Jenan Hassan vom Kinderkrankenhaus in Basra hat mir erklärt, dass nach der schweren Bombardierung mit Uran verstärkten Bunker brechenden Bomben auf Saddams Paläste in Bagdad, jetzt auch dort die Leukämieerkrankungen von Kindern stark zugenommen haben.

Kinderkrankenhaus in Basra

An ihrem eigenen Krankenhaus sterben von den an Leukämie erkrankten Kindern heute immer noch 80 Prozent, weil Medikamente für eine Chemotherapie fehlen. An ihrem Krankenhaus spielen sich seit dem Einsatz dieser Waffen immer wieder furchtbare Tragödien ab. So hat zum Beispiel ein Soldat, der an der großen Panzerschlacht um Basra teilgenommen hat, nach dem Krieg mit seiner Frau zwei Kinder gezeugt, beide waren schwer mißgebildet. Der Mann hat deshalb diese Frau verstoßen und eine andere geheiratet. Als auch sie ihm ein Kind schenkte, hatte dieses Baby genau die gleichen schweren Missbildungen wie die zuletzt geborenen Kinder seiner ersten Frau. Da erkannte der ehemalige Soldat, dass er der Verursacher der Missbildungen seiner Kinder sein musste und hat sich erschossen.

Ein mir gut bekannter Arzt, Dr. Michael Kreuscher, ist von irakischen Ärzten darüber informiert worden, dass es in der nordirakischen, kurdischen Stadt Arbil seit 2003 zu einem ungewöhnlichen Anstieg von Leukämiefällen bei Kindern und Kleinkindern gekommen ist und zwar von einer Art, die sonst nur bei alten Menschen vorkommt. Ich habe ihm dann meinen Film über die Folgen der Uranmunition gezeigt und er hat mir erklärt, dass in Arbil und Umgebung nie Urangeschosse zum Einsatz gekommen sind. Wir vereinbarten deshalb, dass er von seinem nächsten Besuch in Arbil sowohl Bodenproben, aber auch Urinproben der erkrankten Kinder, den Staub aus dem Luftfilter seines Autos, das er dort gefahren hat und Organproben von geschlachteten Kühen, die in Arbil geweidet haben, mitbringen sollte.
Es gelang Dr. Kreuscher tatsächlich diese Proben in die Bundesrebuplik zu bringen. Sie wurden von Dr. Axel Gerdes von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main massenspektrometrisch untersucht. Das Ergebnis hat uns alle entsetzt: Sämtliche Proben hatten hohe Konzentrationen von Uran 238 mit einem ungewöhnlich hohen Anteil von Uran 236. Verschiedene Proben, zum Beispiel der Staub aus dem Luftfilter des Autos, das der Arzt dort gefahren hat, waren sogar bis zu 3000-fach höher kontaminiert als unsere extremsten Proben von den Schlachtfeldern um Basra. Wie konnte das sein, wenn doch in der Umgebung von Arbil nie ein Urangeschoss zum Einsatz gekommen war?

Die Erklärung war relativ einfach und Dr. Kreuscher hat sie von einem Meteorologen vor Ort bekommen: Es gibt im Irak häufig heftige Stürme, die auch Orkanstärke erreichen können, die so genannten “Desert Storms”, die von Basra kommend über Bagdad hinweg nach Norden ziehen. Vor den hohen Gebirgen zur Türkei werden sie gebremst, verlieren ihre Kraft und verwirbeln in der Region über Arbil. Alles was diese Stürme in Staubform mitgebracht haben, fällt dann nach und nach im weiten Umkreis von Arbil zu Boden, auch die Uranoxidpartikelchen, die die Stürme von den ausgetrockneten, staubigen und kontaminierten Böden Basras und Bagdads mitgebracht haben. Stammen diese Uranpartikelchen aber tatsächlich aus den Kriegsgebieten um Bagdad und Basra?

zerstörter Panzer im Irak

Man kann heute mittels eines so genannten Isotopenfingerprints feststellen, woher das im Nordirak in den Proben gefundene Uran 238 und 236 kommt. Man kann nachweisen, ob es aus dem Reaktor von Tschernobyl stammt, aus der Munition der Urangeschosse der Amerikaner und Briten im Irak oder aus anderen Gegenden. Um die Aussage treffen zu können: Stammt das, was in den Proben von Arbil gemessen wurde, tatsächlich aus der Munition aus abgereichertem Uran aus dem Südirak, haben Dr. Kreuscher und Dr. Gerdes die vorgefundenen Isotopenfingerprints der erkrankten Kinder in Arbil mit denen der Proben aus Basra und dazu denen der Isotopentprints aus dem Urin der Golfkriegsveteranen aus dem Südirak von 1991 verglichen. Und siehe da, diese Isotopenfingerprints waren alle identisch mit den Uranisotopenprints im Urin der an Leukämie erkrankten Kinder in Arbil!

erkrankter Säugling im Irak

Viele Wissenschaftler, die die Uranbelastung verharmlosen, argumentieren immer wieder, dass das natürlich vorkommende Uran ja noch sehr viel höher strahlt, als das, was wir jetzt als abgereicherten Uranstaub in der Umwelt messen. Der wesentliche Fakt aber für die krankmachende Wirkung des abgereicherten Urans ist der Feinststaub, der entsteht, wenn Urangeschosse ihr Ziel treffen und zu winzigsten Uranoxid-Staubteilchen verbrennen, die Lungen gängig sind und zwar so winzig und Lungen gängig, dass sie bis in die kleinsten Luftbläschen der Lunge aufgenommen werden und so in den Körper gelangen, wo sie dann ihre furchtbare, krank machende Wirkung entfalten.

Dr. Michael Kreuscher und Dr. Axel Gerdes wollten das beweisen, dass dieses Uran tatsächlich in einen Körper aufgenommen wird und dort verbleibt. Dr. Kreuscher hat darum von zwei Rindern, die ausschließlich im Raum Arbil groß geworden sind, mehrere Gewebeproben mitgebracht und die bei Dr. Axel Gerdes auf Isotope von abgereichertem Uran untersuchen lassen. Und siehe da, gerade die Primärorgene Lunge, Lymphknoten, Herz, Leber und Knochenmark waren hochgradig belastet. Und ihr Isotopenfingerprint war identisch mit dem der Kriegsveteranen vom Golfkrieg 1991. Somit haben diese beiden Wissenschaftler erstmalig den Beweis erbracht, dass abgereichertes Uran - vom Wind übertragen - in winzigsten Kleinstpartikeln in den Körper aufgenommen wird und dann zu Tod bringenden Krankheiten führen kann - und das in einer Region, in der gar keine Uranmunition zum Einsatz gekommen war.

In diesem Zusammenhang sagte mir Prof. Dr. Asaf Durakovic, der Gründer des unabhängigen “Uranium Medical Research Center” in Kanada, der viele Golf-Kriegsveteranen untersucht und behandelt hat, in einem Interview:
“Sie fragen mich, was jetzt mit der Zivilbevölkerung im Irak, Kosovo, Bosnien und Afghanistan passiert? Glauben Sie irgend jemand kümmert sich um die Bevölkerung dieser Länder, wenn schon niemanden das Schicksal der eigenen Soldaten dort interessiert! Man müsste im Irak zur Dekontamination Milliarden von Dollars investieren! Basra zu säubern würde 200 Milliarden Dollar pro Jahr kosten und das mehrere Jahre hintereinander! Was also für die Erkrankungen der Soldaten und Veteranen der USA, Kanadas und Großbritanniens gilt, die nur eine bestimmte Zeit im Irak verbracht haben, muss man jetzt um das 1000-fache erhöhen, was die irakische Bevölkerung und die Bevölkerung der anderen mit Uranmunition kontaminierten Länder betrifft. Und es wurde von den betroffenen Regierungen alles nur erdenkliche unternommen, diese Erkenntnisse zu unterdrücken”, erklärte uns Prof.Durakovic, der 12 Jahre lang für das Pentagon über abgereichertes Uran geforscht hat. “Diese Regierungen leugnen bis heute einen Zusammenhang zwischen der Uranmunition und den Krebserkrankungen ihrer Soldaten.”

Die Geowissenschaftlerin Leuren Moret veröffentlichte deshalb kürzlich: “Es droht ein weltweiter atomarer Holocaust” wegen der extremen Ausbreitung der radioaktiven Verseuchung durch die bisher eingesetzten Urangeschosse. Ihr zufolge ist die Atmosphäre mit abgereichertem Uran längst verseucht und Staub- und Sandstürme, besonders aus dem Irak, verbreiten diese radioaktiven, krankmachenden Partikelchen über die ganze Erde.

Ich stimme ihr da zu. Denn sollten die USA und ihr treuester Verbündeter, Großbritannien, demnächst auch Syrien und den Iran unter fadenscheinigsten Gründen angreifen, ist zu befürchten, dass sie wieder ihre “Wunderwaffe”, die Urangeschosse und die Bunker brechenden Uranbomben vom Typ GBU 28 einsetzen, ihre sogenannten intelligenten, Laser gesteuerten 1000 kg Uranbomben. Dann würde die Erdatmosphäre durch weitere viele Tausend Tonnen Uranoxidstaub-Partikelchen verseucht werden und das Risiko sie einzuatmen und daran zu erkranken, würde sich entsprechend potenzieren.
Leuren Moret`s Prognose eines weltweiten Holocausts könnte sich also bewahrheiten.

Was ist zu tun? Es muss sofort alles getan werden, eine weitere Anwendung der Urangeschosse und -bomben zu verhindern. Denn der Einsatz dieser Waffe ist ein furchtbares Kriegverbrechen. Diese Waffe ist nicht nur hochgiftig, sondern auch radioaktiv und ihr Einsatz ist nach dem Kriegsrecht, der Genfer Konvention, allen gültigen Menschenrechtsgesetzen und der Nürnberger Charta seit Jahrzehnten verboten. Wenn der Einsatz der Uranmunition aber ein Kriegsverbrechen ist, dann gehören ihre Anwender vor ein Kriegsverbrecher-Tribunal wie Den-Haag.

Zu der Problematik der niedrigen Alphastrahlung schrieb der amerikanische Atomwissenschftler John W. Gofman, der an der Entwicklung der Hiroshima-Atombombe mitgearbeitet hat und der auch Mediziner war, schon 1979 seinen damaligen Fachkollegen in einem offenen Brief:
„Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass ich nicht früher Alarm geschlagen habe über die schrecklichen Auswirkungen der niedrigen radioaktiven Alphastrahlung. Ich denke, dass mindestens 100 Wissenschaftler, die sich mit den biomedizinischen Aspekten dieser Niedrigstrahlung beschäftigt haben - mich, Gofman, eingeschlossen - Kanditaten für ein Nürnberg ähnliches Gericht sind, da sie mit ihrer großen Nachlässigkeit und Verantwortungslosigkeit Verbrechen gegen die Menschheit begangen haben. Denn jetzt, wo die Gefahren niedriger Strahlung bekannt sind, ist dies nicht mehr ein Experiment, das wir gemacht haben, sondern Mord.”

Ja, es ist 5 Minuten vor Zwölf! Wie lange wollen wir bei solchen Kriegsverbrechen noch schweigend zusehen? Was sagen wir den Kindern, die nach solchen Angriffen das abgerissene Bein ihrer Schwester auf dem Balkon des Nachbarhauses finden und den Kopf der Großmutter auf dem zerstörten Dach? Was sagen wir ihnen, wenn sie wenige Monate später an einer agressiven Leukämieform erkranken und erfahren, dass sie bald sterben werden? Und was sagen wir ihnen, falls sie überleben und wir ihnen erklären müssen, dass sie selbst keine Kinder bekommen dürfen, weil diese schwerst missgebildet wären, weil ihre Chromosomen deformiert sind und die ihrer Kinder und Kindeskinder auch!? Was sagen wir ihnen? Was sagen wir unseren Kindern, wenn ihren Kindern gleiches passiert? Wir werden ihnen sagen müssen, dass wir versagt haben, weil wir solche Kriege wie in Bosnien, im Kosovo, in Afghanistan, im Irak, im Libanon und womöglich im Iran nicht verhindert haben - sie werden uns dafür nicht mehr lieben - sie werden uns verfluchen - und das zurecht.

Köln, Mitte Juni 2007
Copyright: Frieder Wagner, Filmemacher in Köln

Dieser Beitrag entstand aufgrund einer gerade fertig gestellten Abend füllenden Kinodokumentation mit dem Titel “Deadly Dust - Todesstaub”, der im Spätsommer 2007 in die deutschen Kinos kommen soll und möglichst bald auch in den USA und Großbritannien.
Alle zitierten Aussagen sind in Bild und Ton dokumentiert.

(von www.politblog.net)